Design meets Power // BERGOS Husqvarna SM 610 - Drift 2007

Nachdem Husqvarna 1996 erstmals auf der IFMA in Köln einen Motor mit E-Start präsentierte und diesen etwas später in der SM 610 S verbaute, vergingen Jahre bis die Italiener in diesem Sektor eine Neuerung zu vermelden hatten. Mitte 2005 war es dann soweit. Das Nachfolgemotorrad SM 610 stand in den Läden und begeisterte nicht Wenige mit einer sportlichen Optik. Bereits Ende 2006 stand dann eine weitere Neuheit in Sachen SM 610 an. Husqvarna will den Einzylinder künftig von einer Einspritzanlage befeuern lassen und zeigte das ansonsten unveränderte Motorrad mit dem Kürzel ?IE? auf der EICMA. Wann genau diese Fahrmaschine in diesem Jahr erhältlich sein wird, bleibt noch abzuwarten. Fraglich ist auch, ob die Einspritztechnik, die sowieso schon starke 610er leistungsmäßig noch weiter nach vorne bringen kann.

Einem dem Warten seit jeher ein Gräuel ist und dem Serienmotoren einfach nicht genügend Leistung produzieren, sitzt mit seinen Motorradladen in Bielefeld (D). Die Rede ist von Axel Bergfeld, einem Motorradhändler, der seit 1987 unter dem Namen Bergos firmiert und eine gestandene Größe in der Zunft der Motorentuner darstellt. Als vor weit über 15 Jahren noch kaum ein Off-Roader wusste, was eine Honda XR überhaupt für ein Fahrzeug ist, konnte man bei Bergfeld bereits Unmengen an Teilen dafür bestellen. Nicht anders lief es, als der Begriff Super-Moto nur einigen Wenigen bekannt war. Bergfeld reagierte sofort auf den neuen Sport, beschaffte die ersten Zubehörprodukte für seinen Laden und war wenige Jahre später selbst in der deutschen Super-Moto Königsklasse unterwegs, die zu dieser Zeit noch unter dem Namen ?Prestige? lief.

Aktuell ist die Husqvarna SM 610 etwa anderthalb Jahre auf dem Markt und schon in DRIFT Ausgabe 3-2006 konnte man Bergfelds Neu-Interpretation des Singles in der Rubrik Eyecatcher betrachten. Optisch hatte der Tuner mit seinem Umbau zweifelsohne in die Vollen gegriffen. Pulverbeschichtungen allüberall, Felgen in Karbon-Optik und eine Vielzahl an Feinheiten, die sich zu einem blitzsauberen Gesamtbild addierten. Der neueste Wurf des Bielefelders schlägt nun in eine etwas andere Kerbe und war einen Testritt wert?

Neue Taten
Einen etwas anderen Weg als mit den beschriebenen Motorrädern der jüngsten Vergangenheit, hat der Mann mit dem auftätowierten Bergos Flammenlogo, mit seinem neuen Wurf eingeschlagen. Weniger Optik, dafür mehr Power im Aggregat lautete die Marschrichtung. Doch so ganz war der Husqvarna Händler dann doch nicht mit dem Aussehen der Serien-610er zufrieden. Und so entstand dann auch ein völlig eigenständiges Motorrad, das über den noch nicht bekannten Erscheinungstermin der brandneuen SM 610 IE durchaus hinwegtrösten könnte.
Während KTM mit der neuen 690er ein optisches Wagnis eingeht und BMW den klassischen Pfad des Super-Moto Looks mit der Xmoto in Richtung Funbike verlässt, beschreitet die Husqvarna auch im neuen Modelljahr eigene Wege. Keine allzu große Spielereien bei den Plastix, keine Experimente mit dem Dekorsatz. Die Italienerin will einfach nur sportlich, schlank überzeugen können und genau das tut sie auch. Einzig die Lampenmaske, sowie der vordere Kotflügel spalten auch noch nach über einjähriger Gewöhnungsphase die Super-Moto-Fraktion. Genau in diesem Bereich hat Bergfeld nun bei seinem Umbau einer SM 610 angesetzt und die Beleuchtungseinheit der Enduro TE 610, sowie den Kotflügel der SMR 630 Replica verbaut. Die Frontmaske ist deutlich graziler gestaltet, als die der 17-zölligen Schwester und ist in Sachen Formgebung an die SMR Modelle aus gleichem Hause angelehnt. Von der 610er Enduro stammen auch alle anderen Plastikteile, sowie der Sitzbankbezug, was schlussendlich auch die Farbgebung erklärt. Blau und Gelb herrscht vor und fast könnte man von einer Super-Moto-Kopie der Enduro sprechen. Den einzigen Unterschied zur Stollenschwester kann man am Tank ausmachen, der -von der SM 610 übernommen- in sattem Schwarz erstrahlt. Komplettiert wird der neue Look durch den Einsatz von Handschalen, die genau wie die Kotflügel und die Seitendeckel in kräftigem Gelb gehalten sind. Als die dunkle Seite der Kraft darf der Radsatz bezeichnet werden. Während das Originalmotorrad mit blitzblanken Felgenbändern daherkommt, setzt Bergos auf schwarze Excel Rims die durch Radnaben in der identischen Farbe ergänzt werden.

Kraftkur
Lässt man den Blick über die Blau-Gelbe wandern, so kann es vorkommen, dass man an einer kleinen Gravur des Zylinders hängen bleibt. Ein Bergos Logo scheint einem geradezu sagen zu wollen, dass dieser Motor überarbeitet wurde...und so ist es auch. Erstes Ziel der Tuningmaßnahmen war es, die Alltagstauglichkeit des Kraftrades nicht zu gefährden und die Allroundqualitäten mit einem zusätzlichen Leistungsschub zu unterstützen. Davon abgesehen wollte Bergos aber auch ein relativ günstiges Leistungskit anbieten können. Darum wurde lediglich dem Bereich oberhalb der Zylinderfußdichtung Beachtung geschenkt und auch die original vorhandene Zylinderbohrung beibehalten. Somit operiert die Bergos Husky mit einem Hubraum von 576,3ccm. Verändert wurde derweil die Aufbauhöhe des Zylinders, wodurch Verdichtung und Quetschkante auf ein optimales Maß gebracht wurden.
Über dem Zylinder sitzt der Zylinderkopf und genau hier spielten sich die aufwändigsten Tuningmaßnahmen ab. Der Brennraum wurde in Bezug auf die Form überarbeitet und natürlich bekamen auch die Kanäle, sowie die Ventilsitze eine Performance-Kur verpasst. Die Form der Ventile wurde leicht verändert und darüber hinaus kam auch eine spezielle Nockenwelle mit geänderten Gradzahlen zum Einsatz. Auch das Nockenwellenzahnrad wurde verändert, um die Steuerzeiten des SOHC Singles exakt einstellen zu können. Der Vergaser ?im Falle der SM 610, ein Keihin MX41- blieb unberührt, jedoch erhielt der Luftfilterkasten deutlich größere Lufteintrittsöffnungen. Den Abtransport der Abgase übernehmen an der Bergos Husky der original verbaute Krümmer und ein bei Bergos exklusiv erhältlicher Endtopf. Der stammt aus der Mache von B-Pipes und wurde von Bergfeld und dem Hersteller speziell für das Projekt auf dem Prüfstand entwickelt.

Leistung satt
Auf dem Dynojet Prüfstand produzierte die original belassene Husky 49 PS und maximal 50 Nm am Hinterrad. Nach der Bergos Behandlung sieht das anders aus. Dann stehen dem Piloten satte 59,4 PS und ein maximales Drehmoment von 55Nm am Hinterrad zur Verfügung.- das kann sich sehen lassen. Bergos dazu:? Der Husqvarna Motor lief bei uns mit einer Verlustleistung von 5,4 PS. Somit stehen am Motor 65PS zur Verfügung. Da der Dynojet Prüfstand im Allgemeinen in seiner Leistungsmessung gegenüber einer Amerschläger p4 Anlage etwas hinterher hinkt, habe ich zusätzlich noch Messungen auf zwei p4´s durchgezogen und erhielt am Motor einen Höchstleistungswert von knapp 70 PS. Bei einem von mir gemessenen, fahrfertigen Fahrzeuggewicht von 131 Kilogramm kann man damit richtig was anfangen. Zu erwähnen ist auch der höchste Drehmomentzuwachs gegenüber dem Original, der 11Nm bei einer Drehzahl von etwa 8.000 Touren beträgt. In diesem Bereich hat das Zweirad also am heftigsten von der Kur profitiert.? Was auf dem Papier schon ganz ordentlich aussieht, sollte auch in der Praxis funktionieren. Und hier enttäuscht die Blau-Gelbe nicht. Im Vergleich zum Standard Motor legt das Bike ab 4.300 Touren spürbar zu. Der Motor präsentiert sich angenehm aggressiv und reagiert absolut spontan auf die Handbewegungen des Fahrers am Gasdrehgriff. Was sich auf dem Prüfstandausdruck schon angekündigt hat -nämlich die lineare Kraftentfaltung ohne Aussetzer und Haken- bestätigt sich beim Ausritt. Wie von einer Turbine angetrieben schießt das Bike kraftvoll über den gesamten Drehzahlbereich, ohne auch nur den Hauch einer Kritik aufkom- men zu lassen. Vibrationen sind dank des original belassenen Hub- Bohrungsverhältnisses auf dem Niveau des Ursprungsbikes und lohnen aus Einzylindersicht noch nicht einmal erwähnt zu werden. Ungewollte Wheelies gehören mit der SM 610 nach der Behandlung zum Tagesgeschäft und zaubern dem engagierten Piloten ein zufriedenes Lächeln in das Gesicht.

Lässt man die Bergos Husky zu lange in ein und demselben Gang drehen, sinken die Mundwinkel allerdings wieder nach unten. Drehzahlorgien sind mit dem Motorrad nicht zu realisieren. Husqvarna setzt bei der SM 610 serienmäßig auf einen derben Drehzahlbegrenzer und der ist auch noch an Bergfelds Werk verbaut. ?Einfaches Entfernen des Bauteils ist aktuell noch nicht möglich. Derzeit arbeite ich an einer programmierbaren Zündung, die nach Erscheinen des Magazins startklar sein sollte. Mit diesem Bauteil kann ich denn Bereich, bei dem der Begrenzer einsetzt, stufenlos verschieben und alle Probleme sind aus der Welt geschafft.?, so Bergfeld.

Fazit
Ganz klar: Bergfeld kann nicht nur schöne, sondern auch starke Super-Motos aufbauen. Auf die SM 610 trifft je nach Geschmack wohl beides zu. Wer die Frontabteilung der Serien 610 nicht mag, der dürfte sich durchaus für die Version Bergfelds entscheiden. Der Blau-Gelbe Look an sich ist auch nicht von schlechten Eltern, besonders weil sich die schwarzen Felgen sauber in das Gesamtbild der Maschine einfügen. Die Arbeiten am Motor kann man als tadellos bezeichnen. Besonders sei an dieser Stelle die nahezu linear steigende Leistungskurve genannt, die echtes Turbinenfeeling aufkommen lässt. Als Kritikpunkt darf der Drehzahlbegrenzer genannt werden. Dieses Problem wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach, am Erscheinungstermin des Heftes aus der Welt geschafft sein. Ein Lob gebührt auch dem Fahrwerk und der Bremsanlage. Beide Abteilungen arbeiten nämlich auch nach der Behandlung in Bielefeld genau so, wie man es haben will.

 

Für die Tuningmaßnahme verlangt Bergos für alle hier beschriebenen Teile Tuningteile und die beschriebenen Arbeiten eine Summe von 1.999 Euro. Räder und Plastikteile sind in diesem Preis nicht inbegriffen.

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